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Klimakrise und Ökosozialismus
Klimakrise und Ökosozialismus
engl. mit dt. UT
|27 min
| 2023 |hits: 795
Der marxistische Theoretiker und Autor des Bestsellers "Capital in the Anthropocene" Kohei Saito bespricht die drei Antworten auf die ökologische Krise im linken akademischen Diskurs: Klima-Keynesianismus, Akzelerationismus und Ökosozialismus.
Der Klima-Keynesianismus setzt auf grünen Kapitalismus, tastet die kapitalistische Produktionsweise nicht an und schlägt eine Green New Deal vor. Das bedeutet jedoch lediglich, so Saito, dass
1. die Kosten für "grüne" Produktion auf die Länder des Globalen Südens abgeschoben werden (Extraktivismus)
2. der Staat Investitionskosten für die Umstellung auf grüne Technologien übernimmt, es dadurch dem Kapital wieder ermöglicht Profite in der Produktion zu machen (Ende des Finanzkapitalismus)
Der Akzelerationismus schlägt Luxus für alle dank hochtechnisierter Produktion vor (Erneuerbare Energien, Künstlich hergestelltes Fleisch, Automatisierung und Ressoucenabbau im Weltraum), läßt also ebenfalls die kapitalistische Produktionsweise unangetastet und vergisst a) dass der Kapitalismus die Knappheit braucht, um ökonomisches Wachstum zu ermöglichen und dass b) Reichtum für alle eine Auflösung der Klassengesellschaft voraussetzt.
Der Ökosozialismus schlägt eine Produktionsweise ohne Wachstum vor, wo der Reichtum an alle verteilt wird. Erzeugt wird jedoch nicht privater Reichtum, sondern genossenschaftlicher Reichtum: funktionierende Infrastrukturen und Versorgung für alle. Damit einhergehend Reduktion der Arbeitszeit, mehr Zeit für Widerherstellung der Ökosphäre, Sex, Care-Work etc.
Saito zitiert Marx als Ökosozialisten, der sich im 19.Jh schon Gedanken über Bodenerosion, Tierkrankheiten, Desertifikation gemacht hat. Er erklärt auch den kommunistischen Produktivismus (Promethismus) als nicht bestimmend für Marx' Denken, weil Marx die Entwicklung der Produktivkräfte a) als nicht neutral, sondern als Mittel zur Unterdrückung und Ausbeutung von Arbeiter*innen und Natur begreift, und b) die Entwicklung der Produktivkräfte nicht als Mittel zu privatem Reichtum sieht, sondern als Mittel, "genossenschaftlichen Reichtum" zu errichten, der die Fesslen der bourgeoisen Lebensweise sprengt.
Saito hielt den Vortrag im Rahmen der Konferenz "Unsustainable Past - Sustainable Futures" (2021)
Sein Buch "Karl Marx's Ecosocialism" erschien 2016 auf Deutsch unter dem Titel "Natur gegen Kapital". Am 17. August 2023 erscheint die deutsche Übersetzung von "Capital in the Anthropocene" unter dem Titel "Systemsturz - Der Sieg der Natur über den Kapitalismus".