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Boykottaufruf gegen H&M
Boykottaufruf gegen H&M
Liebe Genoss_innen des internationalen gewerkschaftlichen Solidaritäts- und Kampfnetzwerkes,
in diesen Augusttagen führen Arbeiter_innen in den H&M Warenlagern Stradella und Casalpusterlengo (beide in der Lombardei, Italien) ihren ersten wichtigen Kampf für ihre Rechte und Arbeitsbedingungen, nachdem sie sich im SI Cobas organisiert haben.
H&M, ein schwedisches multinationales Unternehmen, lagert seine Produktion in Niedriglohnländer aus, v.a. nach Bangladesh. Dort ist H&M der wichtigste Einkäufer und die Löhne der Textilarbeiter_innen betragen weniger als 100 Dollar im Monat. In Bangladesh starben schon vor dem Zusammenbruch der Rana Plaza Fabrik 2013, als 1.128 Textilarbeiter_innen starben und über 2.500 verletzt wurden, im März 2010 21 Arbeiter_innen von Garib & Garib, einem H&M Zulieferer, in einem Fabrikbrand. Im Februar 2016 brannte eine Fabrik von Matrix, einem anderen H&M Zulieferer, trotz eines von den wichtigsten Käufern unterzeichneten Vertrages zur Erhöhung der Sicherheitsstandards.
Die Ausbeutung beginnt in den Fabriken, geht jedoch weiter in den Warenlagern, wo die Logistik der Bekleidung gemanaged wird. Das Warenlager in Stradella, ist mit ca. 300 Arbeiter_innen, die meisten von ihnen Frauen, eines der wichtigsten Verteilzentren des schwedischen Bekleidungsgiganten in Europa. Von hier werden online gekaufte Kleidunsstücke direkt in Privathaushalte in verschiedene Länder Europas geschickt. Das Warenlager von Stradella wird von XPO betrieben, einem multinationalen Logistikunternehmen, das die Arbeit an eine sogenannte "Kooperative" als Subunternehmer auslagert. Diese Kooperative stellt die Arbeiter_innen ein. Mit befristeten Teilzeitverträgen, bei denen sie 11 Stunden am Tag arbeiten nüssen, sechs Tage die Woche. Ihre Arbeitszeiten werden ihnen jeden Tag für den kommenden Tag mitgeteilt. Sie können ihr Leben nicht planen. Die Löhne sind die niedrigstmöglichen für Logistikarbeiter_innen (Lohnstufe 6) und da sie "Teilzeit" angestellt sind erhalten sie nur einen Teil des Urlaubsgeldes und der Extrazahlungen für Juni und Dezember. Ihre Forderungen sind: normale 39 Stunden Wochenarbeitszeit, Vollzeitverträge, einen monatlichen Arbeitsplan und eine Lohnstufe die ihrer Arbeit entspricht. H&M-XPO und die Kooperative lehnen die Anerkennung der Gewerkschaft SI Cobas ab.
Die Arbeiter_innen in Stradella haben ihren dritten Streik innerhalb eines Monats am 19. August abgehalten, mit Streikposten, um ihre Kolleg_innen und die LKW Fahrer davon zu überzeugen, die Tore nicht zu passieren. Gestern (am 23. August) hat XPO Arbeiter_innen ausgesperrt, um den Streik zu brechen. Ein Teil der streikenden Arbeiter_innen hatten, nachdem sie erfahren hatten, dass die Produktion in ein anderes Warenlager verlagert wurde, dessen Einfahre blockiert.
In Casalpusterlengo hat H&M das Warenlager, von dem aus Geschäfte beliefert werden, bisher direkt betrieben. Das bedeutet, dass H&M die Arbeiter_innen direkt eingestellt hatte. Aber die nationalen Tarifvertrag einzuhalten scheint dem Unternehmen zu teuer und so möchte H&M erreichen, dass 15 Arbeiter_innen von ihrem alten Arbeitsvertrag zurücktreten und sich von einer "Kooperative" anstellen lassen, die ihre dem nationalen Tarifvertrag entsprechenden Verpflichtungen leichter umgehen kann, indem sie den neuen Jobs Act anwendet, der fast unbegrenzte Möglichkeiten zu kündigen vorsieht. Die offiziellen Gewerkschaftsverbände (CGIL, CISL und UIL) haben einen goldenen Handschlag für ihre Kündigungen vorgeschlagen und neue Arbeiter_innen zu schlechteren Bedingungen einzustellen. Die Arbeiter_innen haben auch hier angefangen zu streiken und werden bei den Streikposten von Arbeiter_innen aus Stradella unterstützt.
Obwohl H&M in seiner Unternehmens PR vorgibt, soziale Standards zu respektieren, umgeht es diese, indem es die Arbeit auslagert, mit der es Geld verdient, sowohl bei der Produktion als auch bei der Logistik. Da H&M ausschließlich die Sprache des Profits versteht, organisiert SI Cobas einen Boykott aller H&M Geschäfte in den größten Städten Italien ab Samstag, 27. August und ruft Schwestergewerkschaften und Organisationen dazu auf, in Europa und überall den Boykott zu organisieren.
Für das SI Cobas Exekutivkomitee
Roberto Luzzi